Weidener Softwarefirma will weg von veralteten Arbeitszeitmodellen
Geschäftsführer Marco Bauer will in der Region Vorreiter in Sachen „New Work“ sein
„Wenn uns die Pandemie eine positive Sache gelehrt hat, dann dass Digitalisierung und neue Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodelle durchaus funktionieren“, resümiert der Weidener Unternehmer Marco Bauer. Und er denkt schon weiter. Seine Vision von „New Work“ ist es unter anderem, sich von gewöhnlichen Arbeitszeitmodellen zu lösen und neue Wege zu gehen. So wie beispielsweise die Isländer, wo ein fünf Jahre andauerndes Experiment zur 4-Tage-Woche gezeigt hat, dass das Wohlbefinden der Angestellten deutlich steigt, die Produktivität konstant bleibt oder sich sogar erhöht.
Bereits seit Monaten beschäftigt sich der Unternehmer und Geschäftsführer der Softwarefirma up2parts GmbH und des Fertigungsbetriebs BAM GmbH Marco Bauer damit, wie Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodelle für seine Firmen in der Zukunft aussehen können. Technischer Vorreiter und Innovationstreiber ist er schon immer gewesen, jetzt will er auch in Sachen flexibles Arbeitsleben in der Region ein Zeichen setzen.
Selbstverständlich sind die Möglichkeiten je nach Berufsbild unterschiedlich. Bei einer Softwarefirma wie der up2parts GmbH sind die Voraussetzungen für neue Wege sehr gut und die Hürden niedrig. Hier hat Bauer bereits die Anwesenheitspflicht für sein Team aufgelöst. Das heißt, jeder kann – in Absprache mit dem Vorgesetzten und den Kollegen – in Zukunft selbst entscheiden, an welchem Ort er oder sie arbeiten möchte.
Pilotprojekt für 4-Tage-Woche bei up2parts und BAM
Marco Bauer denkt aber noch weiter: „Momentan wird auch die 4-Tage-Woche diskutiert. Das ist für uns ganz klar ein Thema, mit dem wir uns ernsthaft beschäftigen und in 2022 ein Pilotprojekt bei up2parts starten werden.“ Auch für die Mitarbeiter/innen seines Fertigungsunternehmens BAM schließt er solche Ansätze nicht aus. „Ich bin der Meinung, dass dies auch für unsere Produktionsmitarbeiter anwendbar sein könnte“, so Bauer weiter.
Die immer weiter voranschreitende Automatisierung in der Fertigung mache es perspektivisch möglich, die Maschinen in den ersten vier Tagen der Woche „von Hand“ zu fahren und die Automatisierung für den fünften, sechsten und siebten Tag vorzubereiten. So könne die 4-Tage-Woche auch für Menschen Realität werden, die im Produktionsumfeld beschäftigt sind.
Flexible Arbeitszeitmodelle und Work-Life-Integration
Für Marco Bauer ist das Denken in starren Stundenwochen von 20, 30, 40 Stunden, halbtags oder ganztags, absolut nicht mehr zeitgemäß. Hier brauche es viel mehr Flexibilität seitens der Arbeitgeber. „Ich habe junge Angestellte, ungebunden, ohne Kinder, die wollen gerne 50 Stunden in der Woche arbeiten, Geld verdienen und dann am liebsten sechs Wochen am Stück in den Urlaub. Ich habe ältere Mitarbeiter, die vielleicht lieber ihre Stundenzahl reduzieren wollen würden. Warum also nicht Modelle entwickeln, die dabei helfen, die Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen zu unterstützen“, so Bauer.
Auch den Begriff der viel zitierten „Work-Life-Balance“ stellt er in Frage: „Professor Bulitta von der OTH Amberg-Weiden sagte einmal zu mir, es gehe nicht um Work-Life-Balance, weil Balance immer ein Kompromiss sei. Es gehe vielmehr darum, eine Work-Life-Integration zu schaffen. Ich bin der Meinung, wenn man jedem Menschen die Möglichkeit bietet seine Rolle zu finden, in der er sich maximal verwirklichen kann, dann besitzt Arbeitszeit am Ende nur noch Symbolcharakter.“
Überarbeitung des Arbeitszeitgesetzes
Um solche Modelle zu realisieren, braucht es natürlich auch den Gesetzgeber. Das heutige Arbeitszeitgesetz sei laut Bauer absolut unbrauchbar, um solche neuen Wege zu gehen. Deshalb fordert er, hier dringend nachzubessern. Denn: Dass es funktioniert, zeigt sich bereits in anderen Ländern. Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse eines fünf Jahre andauernden Experiments in Island, bei dem über 1% der arbeitenden Bevölkerung nur vier Tage pro Woche arbeiteten, zeigen sehr eindrucksvoll, dass eine Verkürzung der Arbeitstage sogar Vorteile für Arbeitgeber hat. Zum einen stieg die Zufriedenheit der Mitarbeiter, zum anderen blieb die Produktivität weiterhin auf hohem Niveau.
Bei der Weidener Softwarefirma up2parts arbeiten rund 50, beim benachbarten Produktionsbetrieb BAM rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – aktuell noch ganz klassisch in der 40-Stunden-Woche. Die Zukunft wird zeigen, ob und welche neuen Arbeitszeitmodelle für die beiden Unternehmen dauerhaft zur Realität werden können.